Stay in contact 2015_5

16. September 2015

Vorneweg statt hinten nach.


Hier unser stay in contact der sich mit dem Erleben hier in Brasilien, mit dem vor einem guten Jahr in Griechenland und auch mit unseren Plänen beschäftigt.

Kurzer Blick zurück...


Sao Paulo und die Costa Verde waren die Aufenthaltsorte der letzten sechs Wochen. Schöne Begegnungen und wunderschöne Küsten waren prägend für die gewählte Zeit der Überwinterung hier in Brasilien. In Sao Paulo hatten wir das Glück im Garten von Mario und Sueli einen „Traumplatz“ gefunden zu haben. Der Vortrag in Sao Paulo war gut besucht und Eva`s Apfelstrudel – 20 Stück wurden verkauft – war ein voller Erfolg. Wir sind dann nach Ubatuba und Paraty, zwei Perlen an der Küste die zu den schönsten Brasiliens zählen sollen, gefahren. Auf Rio de Janeiro haben wir diesmal verzichtet, wir haben mit Sao Paulo genug Stadt genossen und wollten bewusst Ruhe und Stille für die Vorbereitung und zum Einlesen auf unsere nächste Tour. Zu weit in den Norden Brasilien`s wollten wir auch nicht fahren, da ja unser Ziel der nächsten Monate, ganz im Süden Südamerikas liegt.


Und so hatten wir regelmäßig Internet und damit die Möglichkeit von hier aus die Situation zu beobachten, die sich in Europa speziell in Griechenland abspielt. Parallel dazu bekommen wir hier durch unsere Freunde in Sao Paulo hautnah mit, was sich in Brasilien gerade tut. Einige Gedanken seien uns erlaubt.


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Bei unserem Griechenlandaufenthalt 2014 bot sich uns ein unterschiedliches Bild. Zum einen liebenswerte Menschen die gewinnend und freundlich sich zeigten und zum anderen ein wirtschaftlich darniederliegendes Land, das meint alle Probleme sind von außen bewusst und zerstörerisch zugefügt worden und man selbst sei das Opfer, das jetzt abhängig ist von anderen.


Eine Art Depression war überall spürbar bei den Menschen mit denen wir Kontakt hatten. Diese Niedergeschlagenheit verhinderte das sich reflektieren und damit verändern, dort wo es dringend nötig wäre. Aus der Schwere, dem Leidensdruck, den negativen Gedanken, aus Abhängigkeit ist Veränderung nur schwer möglich und auch nur dann, wenn die Einsicht und der Wille dazu bewusst wird und sich in konstruktiven Handlungen zeigt. Hier hilft kein Jammern über die Situation und hier hilft Geld und Versuche mit unterschiedlichen Parteien nur bedingt, besonders dann, wenn das Geld wieder für etwas verwendet wird, was abhängig hält und damit noch mehr abhängig macht. Keine Partei und kein Geld kann das Problem verändern. Es ist ein zudecken, hinausziehen, ablenken, verlängern, verdrängen. Und erreicht wird das Gegenteil, jeder noch so positive Versuch die Menschen zufrieden zu stellen, verstärkt das Problem. Wenn jemand in einer schwierigen Situation in der er nicht sein will, darin bestärkt wird, verstärkt sich das Problem und manifestiert sich. Hier hilft nur die Wahrheit und der Mut sich zu reflektieren, das ist jedoch unserer Meinung nicht der Fall und es wird eine noch lange Geschichte werden.

Das hat mit dem Bild das Griechenland bzw. viele Griechen von sich und anderen haben, zu tun. Interessierten sei das Buch vom griechischem Philosophen Nikos Dimou „Vom Unglück ein Grieche zu sein“ , Kunstmann Verlag ans Herz gelegt. Dieser bei den eigenen Landsleuten nicht sehr beliebte Finger auf die Wunden Leger, bringt es auf den Punkt und es hilft ein Verständnis aufzubauen um diese verzwickte Situation klarer zu sehen. Hier wären auch Lösungen zu finden – im Verhalten, in Einstellungen, in Bildern die zuerst verändert gehören, der Boden bearbeitet bevor eine Saat die Möglichkeit hat aufzugehen. Dazu wäre nötig, was Nikos Dimou den eigenen Landsleuten entschieden abspricht, nämlich die Fähigkeit zur Selbstreflexion.


Natürlich spielen auch Interessen mit, die von außen gesteuert sind. Wer verliert schon gerne das Geld, dass die letzten Jahre in das Land hinein investiert wurde. Diese gegenseitige Abhängigkeit hilft das Problem nicht zu lösen, im Gegenteil. Was bei Abhängigkeit entsteht ist ein System dass erst durchbrochen werden kann, wenn eine Partei es will und tut. Und wer kann es sich erlauben? Der Geber und der Abhängige brauchen einander, sie können ohne einander nicht leben. Syriza hat gezeigt wie verwundbar die Abhängigkeit macht. Sie tun im Moment alles um an das Geld zu kommen, dass sie gar nicht wollen. Das Spiel geht weiter...

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Auch hier in Brasilien erleben wir schwierige Zeiten des Landes und der Menschen. Seit wir im Juli eingereist sind ist der brasilianische Real um 30 Prozent gefallen und kein Ende ist in Sicht. Für uns gut, für die Menschen hier eine Katastrophe. Die Kaufkraft ist am Boden, die Investitionen bleiben aus, das Geld wird jeden Tag weniger Wert. Uns ist bewußt, dass man eine Krise nicht mit einer anderen vergleichen kann und doch gibt es Parallelen. Hier weiß jeder um die Dramatik (Petrobrasskandal, Korruption der Politiker) aber jeder kämpft ums persönliche, finanzielle Überleben und um sein Fortkommen. Niemand erwartet und wartet, dass von außen – vom Staat, von anderen Staaten - Hilfe kommt. Und es gibt noch einen großen Unterschied, die Stimmung bei den Menschen ist positiv. Sie wissen warum das Land in dieser Situation ist, sie erkennen die Schwächen des Systems und der Politik. Sie wissen, dass keine Partei und kein Geld von außen sie retten wird, nur der unerschütterliche Glaube an das eigene Tun und Handeln und eine gewisse Leichtigkeit hilft im täglichem Überlebenskampf. Originalton von Mario der hier in Sao Paulo ein kleines Bauunternehmen hat: „It`s not the first time. We work, are fokussed, less Investition and at least, no stress because of the situation“. Selbst die Demonstration gegen die Präsidentin wird hier zum Grillfest und nach dem Streik – zur Raveparty. Diese Leichtigkeit, die wir kaum verstehen, weil wir mit unserer Mentalität meinen, dass eine schwierige Situation das Gemüt schwer machen muss, wird dem Land helfen, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Die Akzeptanz, dass das Leben auch in schwierigen Zeiten etwas leichtes haben kann und darf, unterstützt die Menschen und damit das Land, auch wenn von außen keine Milliarden kommen, die das Problem lösen und das Land retten sollen. Hier könnte Europa und könnten die Griechen etwas lernen.


Wir wollen hier nicht besser oder schlechter werten, sondern dem „anders“ einen Platz geben mit dem Wissen, dass Veränderung aus Schwere und Depression und Abhängigkeit fast nicht möglich ist. Es geht nur dann, wenn aus dem Leidensdruck heraus eine Kraft entsteht die verändern will. Solange die Meinung vorherrscht – es sind die anderen – und nicht der eigene Anteil gesehen wird, kann sich nichts ins Positive ändern, im Gegenteil...Solange der Kutscher meint die Pferde sind es die zuständig sind für die Richtung in die es gehen soll, wird es schwierig Verantwortung zu übernehmen um an ein Ziel (was immer das Ziel auch ist) zu gelangen. Solange die Pferde nur laufen, wenn sie etwas vom Kutscher erhalten und sie keine Motivation und Spass haben am tun, wird der Karren stehen und jeder den anderen beschuldigen Verhinderer eines Besseren zu sein.

...und nach vor.


Wir brechen hier in den nächsten Tagen in Sao Paulo auf und fahren quer durch Brasilien ca. 1000 km nach Foz de Iguazu, zu den wohl größten Wasserfällen der Welt. Der Regen der letzten Wochen lässt einiges versprechen. Dort überqueren wir die Grenze nach Argentinien. Dann fahren wir die Ruta 12 Richtung Posadas vorbei an den „Ruinas Jesuiticas“. Weiter geht es in den Nationalpark “Esteros del Iberá“. Dort wollen wir mit dem Boot in die Lagunen und hoffen Kaimane und Brüllaffen zu sehen. Dann geht es nach Rosario, in die Geburtsstadt von Che Guevara. Über Mendoza weiter die Ruta 40 den Anden entlang bis San c.De Bariloche. Dort wollen wir Argentinien durchqueren und zur Ila Valdes fahren um im November – so hoffen wir - die Wale zu sehen. Dann geht es weiter bis Rio Gallegos und unserem vorläufigem Ziel Ushuaia. Wir werden so um Weihnachten in dieser südlichsten Stadt der Erde sein.


Dazwischen liegen gut 7.500 Km.

Wir freuen uns schon sehr auf die Fahrt und hoffen ihr seid mit uns weiter im Kontakt.



Willi und Eva